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KOLUMNE - Über Bienen, Intuition & Akzeptanz

Wenn dir der Himmel auf den Kopf fällt ...

 

Neulich Nachmittag, als ich mit meiner Familie zusammensaß, erzählte meine Schwester vom Erlebnis einer Bekannten. Besagte Bekannte war draußen mit zwei Freunden unterwegs, als sich von einem Baum unerwartet ein Bienenstock löste und neben ihnen auf den Boden krachte. Zwei nahmen die Beine in die Hand und brachten sich erfolgreich aus der Gefahrenzone; die Bekannte meiner Schwester war langsamer als ihre Freunde, sodass sie das Schlusslicht bildete. Irgendwann, die geballte Aufmerksamkeit der Bienen auf sich, blieb sie einfach stehen, weil sie erkannte, dass sie weder eine Chance hatte ihnen zu entkommen noch Hilfe in Aussicht war.

 

Die Panik und der Schock, die ein aufgebrachter Schwarm in einem auslösen müssen, gepaart mit den Schmerzen, die eine derartige Anzahl von Stichen verursacht, ist eine Erfahrung, auf die ich Zeit meines Lebens gern verzichte. In Hinblick darauf empfand ich enorme Dankbarkeit, dass ich bis dato keine derartigen Erlebnisse gemacht habe als auch Mitgefühl für die Bekannte meiner Schwester, die in dieser albtraumhaften Lage derart kühn reagiert hat.

 

Aber … war es tatsächlich Kühnheit? 

 

Ich begann mich zu fragen, ob es nicht vielmehr dumm war, stehenzubleiben. Ob sie nicht weiterlaufen und darauf hätte hoffen sollen, dass sich ein Teil des Schwarms zerstreuen oder sich anderweitig eine Lösung auftun würde. Ich stellte mir die Frage, ob ich stehengeblieben oder weitergelaufen wäre, kam jedoch zu der Erkenntnis, dass ich selbst in der Situation hätte sein müssen, um mit Gewissheit sagen zu können, was ich getan hätte.

 

Das geschilderte Erlebnis hat ohne Frage viel mit Annehmen und Loslassen zu tun. Akzeptieren, was ist. Sich hingeben. Anerkennen, dass man im Moment nichts (anderes) tun kann. Dem Unausweichlichen erlauben, einzutreten, damit es (das Leben) weitergehen kann.

 

Kurzum: Die Situation hat etwas gefordert, das uns Menschen meist nicht sonderlich leichtfällt.

 

Vielleicht ist der Bekannten meiner Schwester die Puste ausgegangen. Vielleicht steckte sie ohnehin schon mit halbem Kopf im Schwarm. Vielleicht hoffte sie, dass Stillstand die Bienen beruhigen würde. Was auch immer zutraf: Ich bin überzeugt, dass sie getan hat, was das Richtige in ihrer Situation war.

 

Ein Bienenstock, der einem unerwartet auf den Kopf fällt, in seiner Wucht nicht zu bremsen ist und Wunden hinterlässt, ist ein gutes Sinnbild für das Leben. Es wird immer wieder Umstände und Situationen geben, die (vorübergehend oder länger andauernd) unveränderbar, unaufhaltsam oder schmerzhaft sind. Sie alle stellen uns vor die Wahl: Stemmen wir uns gegen das, was ist, vergeuden Kraft, Energie und Zeit oder akzeptieren wir, was wir (im Moment) nicht ändern können? Laufen wir durch den sprichwörtlichen Regen, weil wir wissen, dass wir uns im Nachgang abtrocknen, heiß duschen und aufwärmen können?

 

Sich einer Sache zu beugen oder hinzugeben, bedeutet nicht, dass man schwach oder machtlos ist. Im Gegenteil: Es zeigt, wie bewusst, widerstandsfähig und einfallsreich man ist. Die Kraft, Energie und Zeit, die man einspart, wenn man es unterlässt mit dem Kopf durch eine Wand brechen zu wollen, kann investiert werden, um einen anderen Weg ausfindig zu machen.

Das lässt sich gut am Beispiel eines Unwetters verdeutlichen. Ist man mit dem Auto unterwegs nach Hause und ein umgestürzter Baum blockiert die Straße, wird weder Schimpfen noch Zetern helfen, den Baum von dort wegzubewegen. Wenden und einen Umweg fahren – das hingegen bringt einen nach Hause. Wer stur auf die Feuerwehr warten will, muss deutlich mehr Zeit investieren.

 

Bedeutet das, wir sollten uns stets allem und jedem beugen? Jedes Schicksal akzeptieren und uns fügen?

Das möchte ich damit keineswegs sagen.

 

Vielmehr geht es darum zu erkennen, wann etwas nicht zu (ver)ändern ist und wann wir die Macht haben, aktiv etwas zu unternehmen, um die Situation/die Dinge zu (ver)wandeln.

 

Wenn wir in uns hineinhorchen, werden wir wissen, was zu tun ist. Wir werden intuitiv spüren, ob es Zeit ist, innezuhalten und anzunehmen was auch immer sich uns im aktuellen Moment darbietet oder ob wir die Situation bewusst loslassen, verlassen und hinter uns lassen sollten.

 

Übe dich darin, deiner inneren Weisheit zu vertrauen. Dein Leben wird auf diese Weise nicht frei von Schwierigkeiten oder Herausforderungen sein, jedoch sehr viel leichter werden.

 

Ob ich stehengeblieben wäre, wenn mir ein Schwarm Bienen auf den Fersen gewesen wäre?

Mein Instinkt hätte mir gewiss gesagt, ob ich weiterlaufen oder anhalten soll.

 

Wärst du stehengeblieben?

Ich bin sicher, dein Instinkt hätte dich ebenfalls nicht im Stich gelassen.

 

Je öfter du deiner inneren Weisheit dein Vertrauen schenkst, desto sicherer und verlässlicher wird sie dich durch dein Leben navigieren.

 

 

 

 

09/2023 © Sandra Andrea Huber/Kenzie Phoenix

 

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